Viel Beifall ernteten die Kölner Rap- und HipHop-Band „Microphone Mafia“ und Joram Bejarano bei ihrem Konzert mit Lesung im Saarlouiser Theater am Ring. Anlass war das Jubiläum „15 Jahre Bejarano & Microphone Mafia“. Die Koproduktion zwischen der Band und der Familie Bejarano jährte sich zum fünfzehnten Mal. Im Laufe der Jahre gaben sie rund 1.000 gemeinsame Konzerte wurden nicht müde, ihre Botschaft zu verkünden: „Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht“. Nach Neunkirchen und Blieskastel kamen die Künstler schließlich auch nach Saarlouis ins Theater am Ring. Vor dem übergroßen Portrait einer verschmitzt schmunzelnden Esther Bejarano las ihr Sohn Joram Bejarano aus Aufzeichnungen, die verdeutlichten, welche besondere Rolle die Musik in Esther Bejaranos Leben gespielt hatte. Die Musik begleitete sie von Kindheit an, auch in dunklen Zeiten der Verfolgung und Deportation und danach. Im zweiten Teil folgten mitreißende Lieder in Italienisch, Jiddisch, Türkisch, Deutsch und Kölsch, die nachdenklich machten, gute Laune verbreiteten oder auch das Publikum zum Mitsingen und klatschen animierten. Darunter bekannte Stücke wie „Wann jeiht d’r Himmel widder op“, „Bella Ciao“, „Viva La Liberta“ oder „Avanti Popolo“.
„Wenn wir Witze machen oder lachen, heißt das nicht, dass wir das Ganze nicht ernst nehmen, sondern es war seinerzeit Esthers Idee, die Leute auch zu unterhalten“, erklärte Kutlu Yurtseven. Im Weiteren berichtete er, wie es zur Zusammenarbeit zwischen der Familie Bejarano und der „Microphone Mafia“ kam. So hatte sich die Band seinerzeit musikalisch an verschiedenen Kampagnen gegen Rechts beteiligt, wollte aber noch weiter in die Materie einsteigen und Tagebücher, Briefe oder Notizen von ehemaligen KZ-Insassen rappen. Weil Betroffene dadurch in ihren Gefühlen verletzt werden könnten, beschloss man, Betroffene zu suchen und einzubinden. So kam man auf Esther Bejarano. Als Kutlu sie schließlich anrief und sich vorstellte, meinte Esther nur trocken: „Was will die Mafia von mir? Mit der Mafia will ich nichts zu tun haben“. Nach diesem anfänglichen Missverständnis folgten die ersten gemeinsamen Konzerte und im Laufe der Jahre schmolz man immer mehr zu einer großen multikulturellen Familie zusammen. Kutlu ist Türke und Moslem, Rossi kommt aus Italien und ist Christ, die Bejaranos sind jüdischen Glaubens. Aber auf der Bühne sind sie eine Familie. Sie lachen, sie diskutieren, sie zanken, aber vor allem singen sie gemeinsam. In ihren Liedern und Texten vermitteln sie dem Publikum mit jeder Faser ihres Herzens, dass ein anderes Miteinander möglich ist und dass es sich einzusetzen lohnt für eine Welt ohne Krieg und Rassismus.
Organisiert wurde die Veranstaltung von der Kreisstadt Saarlouis, Abteilung Familie und Soziales und JUZ United, dem Verband der selbstverwalteten Jugendzentren im Saarland. Anette Plewka, städtische Fachkraft der Jugendhilfe und André Piro von JUZ United führten die Künstler zum „Esther-Bejarano-Platz“ und luden anschließend zu einem Imbiss in das Zentrum für Kinder Jugend Familie, das ebenfalls den Namen „Esther Bejarano“ trägt.
Hintergrund:
Esther Bejarano wurde 1924 in Saarlouis geboren. Aufgrund ihres jüdischen Glaubens wurde sie von den Nazis verfolgt und kam ins KZ Ausschwitz, wo sie nur aufgrund ihres musikalischen Talents überlebte. Nach ihrer Befreiung durch die Alliierten, emigrierte sie zunächst nach Israel, kehrte aber später zurück nach Deutschland. Bis zu ihrem Tod im Jahre 2021 lebte sie in Hamburg. Zeit ihres Lebens engagierte sie sich für die Erinnerungskultur und den Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Die Stadt Saarlouis ernannte sie 2014 zur Ehrenbürgerin und benannte 2022 das neue „Zentrum für KinderJugendFamilie“ nach ihr. Esther Bejarano schrieb mehrere autobiographische Romane, hielt Vorträge und gab Konzerte mit der „Microphone Mafia“. Ihr Sohn Joram, ein bekannter Jazz-Musiker, tritt bis heute mit der Band auf.
Die „Microphone Mafia“ begeisterte das Publikum in Saarlouis.
Joram Bejarano und Kutlu Yurtseven (von links) mit einem Foto von Esther Bejarano, welches im „Esther-Bejarano-Haus – Zentrum für Kinder Jugend Familie“ hängt.